Nachträgliche Änderung von Steuerbescheiden nach § 129 AO

Sie reichen die Steuererklärung korrekt und vollständig ein, und dennoch weicht das Finanzamt von Ihren Angaben zugunsten des Mitglieds ab? Ist das der Fall, müssen Sie das Finanzamt nicht auf seine eigenen Fehler aufmerksam machen (BFH vom 04.12.2012, Az.: VIII R 50/10). Die Pflicht zur „Berichtigung von Erklärung“ nach § 153 AO greift hier nicht.

Bemerkt das Finanzamt seinen Fehler – meist bei der Veranlagung im Folgejahr – versucht es diesen mittels der Änderungsvorschriften der Abgabenordnung (§§ 129, 164,165, 172ff. AO) zu korrigieren und den betreffenden Steuerbescheid zu ändern.

Grundsätzlich stellt die Nennung einer falschen Änderungsvorschrift einen Begründungsmangel der jedoch nach § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO geheilt werden kann. Wichtig ist also nicht, dass die richtige Änderungsnorm vom Finanzamt genannt wird, sondern dass überhaupt irgendeine Änderungsvorschrift die Änderung des Bescheides zulässt.

Zurzeit führen wir folgenden Sachverhalt als Musterklage, in dem das Finanzamt versuchte den Bescheid nach § 129 AO wegen offenbarer Unrichtigkeit zu ändern.

Sachverhalt:

Der Steuerpflichtige reichte für die Jahre 2011 und 2012 korrekte Steuererklärungen ein. Das Finanzamt wich von der Steuererklärung zugunsten des Steuerpflichtigen ab. Aufgrund einer falschen Steuer-Identifikationsnummer wurden andere Werte der Versorgungsbezüge und Renten vom Finanzamt eingelesen. Mit der Veranlagungen 2013 und 2014 bemerkte das Finanzamt den Fehler und korrigierte den Steuerbescheid nach § 129 AO.

Die VLH sieht hier Gründe für eine Änderung nicht gegeben.

Im Zuge der Veranlagung haben den Bearbeitern die elektronisch übermittelten Daten zur Verfügung gestanden, wobei davon ausgegangen werden muss, dass das Programm der Finanzbehörde die übermittelten Daten des Arbeitgebers (Versorgungsbezüge) und die der Rententräger (gesetzlicher Rententräger und landwirtschaftliche Alterskasse) mit den elektronisch übermittelten Daten des Steuerbürgers abgleicht.

Sofern es dabei – wie vorliegend – zu Abweichungen kommt, muss mit aller Wahrscheinlichkeit nach ein entsprechender Bearbeitungshinweis ausgegeben worden sein, dass zu den erklärten Werten eine Prüfung zu erfolgen hat.

Eine manuelle Nachbearbeitung wird für eine weitere Fallfreigabe dann unabdingbar sein. Die in einem automatisierten Programmablauf erstellten Prüfhinweise sind nach unserer Einschätzung mit einem Bearbeitungsvermerk des Sachbearbeiters für eine Dokumentation zu versehen.

Der Sachbearbeiter wurde also deutlich auf die vorliegende Divergenz hingewiesen, was nach unserer Auffassung ein Grund hätte sein müssen, die fehlende Stimmigkeit der Daten zu prüfen.

Die Rechtsauffassung, dass nach einem Urteil des FG Münster unter dem Az. 11 K 4239/07 E das in Fällen wie dem oben beschriebenen die Voraussetzung einer Korrektur eines Steuerbescheides nach § 129 AO eröffnet, wird nicht geteilt. Wenn trotz eines computergestützten Bearbeitungshinweises wegen einer Divergenz zwischen Finanzamtsdaten und Steuererklärung die Einkommensteuer unzutreffend festgesetzt wird, kommt eine Berichtigung der fehlerhaften Steuerfestsetzung nach § 129 AO nicht in Betracht.